Wissen Luga 2024

Kurse, Kommunikation und mehr: So engagiert sich der Cercle Climat

Luzia Kathriner war früher in der Privatwirtschaft tätig. Und ärgerte sich, dass in Klimathemen bei den Kantonen nicht viel geht. Jetzt arbeitet sie bei der Klimafachstelle Obwalden und sieht, dass bereits viel geht. Im Interview gibt sie Einblick in die Arbeit des Cercle Climat Zentralschweiz.

Die Klimaerwärmung ist ein globales Problem. Was kann die Schweiz, genauer noch die Zentralschweiz, fürs Klima tun?

Luzia Kathriner: Sehr vieles. Selbst wenn die Schweiz nicht zu den grössten Klimasündern gehört, gibt es auch hier viele Chancen, um Emissionen zu senken. Man denke etwa an Mobilität, Gebäudeheizungen und Stromproduktion. Kantone können Gebäudeförderprogramme beschliessen, die Elektrifizierung vorantreiben, den Bau von Ladestationen und von erneuerbaren Energien fördern. Bei all dem spricht man von Klimaschutz: Diese Massnahmen zielen darauf, den Klimawandel zu bremsen. Dann gibt es noch die Klimaanpassung.

Und die wäre?

Bei der Klimaanpassung reagiert man auf die Tatsache, dass sich das Klima verändert hat und weiter verändern wird. Mit Massnahmen wird versucht, die negativen Folgen der global stattfindenden Erderwärmung lokal gering zu halten – oder zu lernen, mit ihnen umzugehen. Beispiele sind lebenswerte Städte trotz Hitze (z.B. dank mehr Grünflächen), der Umgang mit Naturgefahren (z.B. durch Hochwasserschutz) oder eine angepasste Landwirtschaft (z.B. durch den Anbau hitzeresistenterer Kulturen)).

Vieles davon beeinflussen die Kantone und damit die kantonalen Verwaltungen. Sie setzen Gesetze und Förderprogramme um und führen Projekte durch. Was ist die Rolle des Cercle Climat Zentralschweiz?

Im Cercle Climat Zentralschweiz sind die sechs Klimafachstellen der Kantone Uri, Schwyz, Obwalden, Nidwalden, Zug und Luzern vertreten. Wir sind eine knapp zehnköpfige Gruppe und tauschen uns über Probleme und mögliche Lösungen aus und sind gut vernetzt. Es ist sinnvoll und effizient, gemeinsam Lösungen für die ganze Zentralschweiz zu suchen.

Sind die Probleme in diesen Kantonen so ähnlich?

Unterschiede gibt es natürlich. Doch im Grunde haben diese Kantone sehr ähnliche Begebenheiten, sind ländlich geprägt und gebirgig. Es beschäftigen sie also schon ähnliche Probleme.

Felder der Zusammenarbeit des Cercle Climat Zentralschweiz sind Ausbildung, Kommunikation und konkrete Klima-Projekte. Woran arbeitet die Gruppe?

In der Ausbildung konnten wir im Januar den ersten Kurs für die Gemeinden durchführen, zusammen mit dem Trägerverein Energiestadt. Interessierte Gemeinden durften sich kostenlos über Klimaanpassung informieren und zu ihrer eigenen Klimastrategie beraten lassen. Das Kurswesen wollen wir ausbauen und weitere Zielgruppen ansprechen.

Und welche Klima-Projekte setzt die Gruppe um?

Im Frühling 2024 ist Cercle Climat Zentralschweiz erstmals bei der Sonderschau Energie und Klima an der Zentralschweizer Messe LUGA beteiligt. Damit soll das breite Messepublikum für diese Themen sensibilisiert werden. Weitere Projektideen sind zur Genüge vorhanden, allen voran im Bereich Kommunikation. Spruchreif ist aber noch nichts. Man darf nicht vergessen: Der Cercle Climat Zentralschweiz ist noch jung! Uns gibt es erst seit Sommer 2023.

Die Kooperation im Bereich Kommunikation ist aber spruchreif.

Genau. Gemeint ist damit bisher die interne Kommunikation. Im Verwaltungsprozess, zum Beispiel bei Vernehmlassungen des Bundes, müssen die kantonalen Fachstellen Stellung zu Verordnungen nehmen. Und da gerade in Klima- und Energiethemen viel läuft, können wir Klimafachstellen uns absprechen. Wir helfen einander, anstatt dass jede Fachstelle die Arbeit allein erledigen würde.

Ein Beispiel?

Im Sommer 2023 hat das Stimmvolk das Klima- und Innovationsgesetz (KIG) angenommen, das vorsieht, dass Unternehmen bis spätestens 2050 klimaneutral sein müssen. Auf Basis dieses Gesetzes hält die Bundesverwaltung in der Klimaschutzverordnung fest, mit welchen Massnahmen die Ziele erreicht werden sollen. Es geht also um das Wie. In der Vernehmlassung von Januar bis Mai 2024 können Kantone, Organisationen etc. zur Verordnung Stellung nehmen.

Der Bund gibt beim Klima oft den Takt vor. Sind die Regeln auf Bundesebene förderlich für den kantonalen Klimaschutz?

Gerade die vorhin erwähnte Klimaschutzverordnung könnte Stolpersteine aus dem Weg räumen. Ebenso das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien, das im Juni zur Abstimmung kommt. Die Förderung von erneuerbaren Energien würde durch letzteres stark erleichtert. Konkret hiesse das zum Beispiel: Ein Bauer, der erwägt, auf seinem Scheunendach eine Photovoltaik-Anlage zu installieren, müsste die neue Stromleitung zur Stromeinspeisung nur noch bis zu seiner Parzellengrenze bezahlen statt bis zum nächsten bestehenden Einspeisepunkt. Wird das Stromversorgungsgesetz umgesetzt, dürfte Photovoltaik für viele Bauern interessanter werden.

National, kantonal und teils auch kommunal passiert einiges. Hochkonjunktur hat das Thema Klima in der Öffentlichkeit trotzdem nicht gerade, es buhlt um Aufmerksamkeit mit Themen wie Vorsorge, höhere Lebenskosten, Ukrainekrieg. Ist das Momentum für einen grossen Wurf im Klimaschutz vorbei?

Das Thema läuft nicht gerade auf Hochtouren, ist aber immer noch ein Dauerbrenner. Die Energiemangellage ist noch nicht allzu lange her und in den Köpfen der Leute präsent. Wichtige Abstimmungsvorlagen, wie das Klima- und Innovationsgesetz 2023, hat das Stimmvolk angenommen. Aber es stimmt schon: Höhere Ambitionen wären im Klimaschutz zu begrüssen. Enorm wichtig ist deshalb eine wirkungsvolle Kommunikation. Danach streben wir im Cercle Climat.


Von der Privatwirtschaft zur Klimafachstelle

Die Obwaldnerin Luzia Kathriner war bis Juli 2023 in einem Umweltberatungsbüro im Bereich Altlasten tätig. Sie bezeichnet sich selbst als Quereinsteigerin ins Klima. «Als ich mich vor einigen Jahren über Klimamassnahmen im Kanton Obwalden informieren wollte, habe ich praktisch nichts gefunden. Das hat mich richtig geärgert.» Daraufhin folgten ein verstärktes politisches Engagement (Die Mitte) und wenig später ein Stellenwechsel in die neue Obwaldner Klimafachstelle. «Jetzt sehe ich hinter die Kulissen.» Denn zu dem Zeitpunkt, als sie sich noch ärgerte, war die Obwaldner Klimastrategie gerade am Entstehen. Ihre «Bibel», wie sie sie mittlerweile lachend nennt. Ihre Erkenntnis aus diesem Seitenwechsel: «Ich als Fachstelle (in Personalunion) muss mehr kommunizieren und zeigen, woran ich arbeite. Denn das Wissensbedürfnis der Bevölkerung ist gross.»

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  • 10 Heinz Bader