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Die Geothermie bildet eine optimale Ergänzung

Jost Bucher leitet das Geothermieprojekt von CKW. Im Interview erklärt er, warum die Energie aus Geothermie künftig wertvoll sein wird, er ordnet die Erdbebengefahr ein und sagt, warum sich die Region Inwil besonders für ein solches Projekt eignet.

Weshalb startet CKW ein Geothermieprojekt im Kanton Luzern?

Ohne einen massiven Ausbau der erneuerbaren Energien müsste die Schweiz bis 2035 im Winter rund ein Drittel des benötigten Stroms importieren. CKW will mithelfen, diese gefährliche Abhängigkeit zu mindern und treibt den Ausbau erneuerbarer Energieproduktion zusammen mit ihrem Mutterhaus Axpo mit zahlreichen Projekten und verschiedenen Technologien voran. 
 
Erdwärme hat zudem als klimafreundliche Energie den grossen Vorteil, dass sie zuverlässig und sicher Bandenergie liefert – unabhängig von Wetter und Tageszeit.

Warum ausgerechnet Geothermie? Warum baut CKW nicht einfach mehr PV-Anlagen auf bestehende Dächer?

Eine breite Diversifizierung der verschiedenen Technologien ist enorm wichtig, damit wir in Zukunft zu jeder Tages- und Nachtzeit genügend Strom haben. Solar- und Windenergie sind wichtige Elemente der Energiestrategie. Dieser Strom steht aber nicht zu jeder Zeit zur Verfügung und er ist auch nicht verlässlich planbar. Die Geothermie bildet hier eine optimale Ergänzung. Mit ihr kann wetter- und tageszeitunabhängig Strom und Wärme produziert werden. Sie liefert wertvolle Bandenergie – so wie die Kernkraft, deren Ausstieg durch die Schweizer Bevölkerung beschlossen wurde.

CKW hat bisher keine Erfahrung mit geothermischer Energiegewinnung.  Wo holt sich CKW das nötige Fachwissen?

Wir arbeiten in diesem Projekt eng mit externen Experten, den Fachstellen auf Kantons- und Bundesebene sowie dem Schweizerischen Erdbebendienst zusammen.

Warum auch Wärmeproduktion? Müsste CKW nicht einfach mehr Strom produzieren, um die Strommangellage abwenden zu können?

Mit der Dekarbonisierung verabschieden wir uns bei der Wärmeerzeugung von fossilen Energieträgern wie Öl und Gas. Als klimafreundlicher Ersatz dienen insbesondere Wärmepumpen oder Fernwärme. Wärmepumpen benötigen jedoch pro kWh Wärme ca. 0,3 kWh Strom. Durch den Einsatz von Fernwärmenetzen kann auf die Installation von Wärmepumpen verzichtet werden und so wertvoller (Winter)-Strom eingespart werden.

Ist sich CKW der Gefahr von Erdbeben bewusst? Kann man dies zuverlässig vorhersagen?

CKW ist sich des Restrisikos bezüglich Erdbeben bewusst und richtet entsprechende Frühwarnsysteme ein. Zudem ist der Untergrund aufgrund der Kohlenwasserstoffexploration, das heisst wegen der Suche nach Erdöl und Erdgas, im Kanton Luzern relativ gut dokumentiert und die natürliche Erdbebengefährdung nachweislich tief. Dies zeigt unter anderem die Karte der natürlichen Erdbebengefährdung des Schweizerischen Erdbebendienst SED. Der Kanton Luzern bzw. der Standort Inwil liegt in einer Region, welche schweizweit eine unterdurchschnittliche natürliche Erdbebengefährdung aufweist.

Inwiefern unterscheidet sich die Technik von jener, die damals in Basel und St. Gallen Erdbeben ausgelöst haben?

Bei früheren Tiefen-Erdwärmeprojekten in der Schweiz wie zum Beispiel in St. Gallen wurde gezielt in eine Bruch- und Störzone im Erdinnern gebohrt, weil dort meist viel warmes Wasser zirkuliert und man sich davon eine wirtschaftliche Nutzung versprach. Bruch- und Störzonen sind jedoch stark unter Spannung stehende Gesteinszonen und bergen deshalb ein hohes seismisches Risiko. Der Kanton Luzern gilt als Gebiet mit einem mehrheitlich tiefen seismischen Risiko und im Raum Inwil sind keine potenziell gefährlichen Bruch- oder Störzonen bekannt. Weiter hat sich die Bohrtechnik sowie die Früherkennung von seismischen Aktivitäten seit den ersten Projekten in der Schweiz stark weiterentwickelt. Dank diesen neuen, erprobten Technologien gehen wir davon aus, dass keine von Menschen spürbare oder zu Schäden führende Erdbewegungen ausgelöst werden. 

Welche weiteren Kriterien sind für die genaue Auswahl des Kraftwerkstandorts wichtig? 

Weil während der Bohrphase auf dem Bohrplatz rund um die Uhr gearbeitet wird, erleichtert etwas Abstand zu dicht besiedelten Wohngebieten die Baustellenführung. Der Aufwand zur Reduktion von Lärm- und Lichtemissionen wird geringer und es ist genügend Platz für die Baustellenlogistik vorhanden. Aber auch eine möglichst nahe Netzanbindung für die Stromeinspeisung und die Nähe zu raumplanerisch belasteten Standorten wie zum Beispiel Autobahn und Industrie spielen eine Rolle. 

Was kostet das Projekt und wer bezahlt das? 

CKW geht für die Planungs-, Bewilligungs- und Realisierungsphase von mindestens sechs Jahren Bauzeit aus und rechnet mit Investitionen von total rund 70 Millionen Franken. Der Bund unterstützt Geothermie-Projekte, weil diese Technologie wertvolle Winter- bzw. Bandenergie liefern. Der Bau erfolgt in mehreren Etappen. Die erste Etappe beinhaltet die Projektierung und Prospektion, also die detaillierte Untersuchung des Untergrundes auf dessen Eignung für eine geothermische Nutzung von der Erdoberfläche aus. 

In einer zweiten Phase wird mit einer Explorationsbohrung der Nachweis erbracht, dass sich der Untergrund tatsächlich für die Wärme- und Stromproduktion eignet. Dieser Nachweis kann nur mit einer Bohrung verlässlich erbracht werden. In der dritten Phase werden die zweite Bohrung und die oberirdischen Kraftwerkgebäude erstellt.

Wie hoch sind die Erfolgschancen des Projekts? 

Stand heute gehen wir von einer hohen Erfolgswahrscheinlichkeit aus. Dies, da die anvisierte Gesteinsschicht Muschelkalk in Deutschland und in der Nordschweiz bereits sehr oft erfolgreich genutzt werden konnte. Die nun anstehenden weiteren Abklärungsschritte werden uns laufend neue Erkenntnisse liefern. Selbstverständlich wird CKW das Projekt nur realisieren, wenn es wirtschaftlich umsetzbar ist.

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